Vom keramischen Showroom zur „Bibliothek der Architekten“

Für Richard Klecka, Gründer des gleichnamigen Hamburger Unternehmens, das keramische Produkte in Deutschland vertreibt, ist es entscheidend, die Kundenberatung und den Kaufprozess zu einem angenehmen und ganzheitlichen Erlebnis zu machen, das beiden Seiten Freude bereitet
Von Andrea Ghiaroni

(Oktober 2024) | Keramikfliesen „Made in Italy“ konsolidieren ihre Präsenz auf dem deutschen Markt. Aus diesem Grund haben wir versucht, die aktuellen Trends und Wünsche der Kunden in Deutschland zu verstehen, indem wir Richard Klecka, den Gründer von Klecka Naturstein Mosaik Fliesen, einem bekannten Einzelhändler mit Sitz in Hamburg, interviewt haben.

 

KleckaWann wurde das Unternehmen gegründet? Was waren einige Schlüsselmomente seit seiner Gründung?

Ich habe das Unternehmen am 1.1.2008 gegründet, im Jahr der Weltfinanzkrise. Viele prophezeiten mir, ich würde es nicht schaffen, weil die Bauwirtschaft und die Banken damals in einer großen Krise steckten. Ich war von Beginn an Lageristen, Verkäufer, Chef, Putzfrau, Buchhalter, alles in einer Person, eigentlich wie jeder, der sich selbstständig gemacht hat und eine Firma aufbaut. Ich habe immer schon sehr viel Wert auf Architektenarbeit gelegt, um ein entsprechendes Netzwerk aufzubauen. Um ein zweites Standbein zu haben, hatte ich im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit eine Promotortätigkeit für 4 italienische Werke übernommen im Bereich Naturstein, Glasmosaik und Fliesen. Für mich ist die Leidenschaft und die Vielfältigkeit des Materials am wichtigsten. Es wurde zur Sucht, immer neues Material, Oberflächen und Strukturen zu finden. Meine Ausstellung entwickelte sich zur „Bibliothek der Architekten“.

Ein Kunde sagte damals nach einer Beratung zu mir ‚Herr Klecka, ich habe keine andere Wahl, ich muß diese Fliesen bei Ihnen kaufen, ich kann nicht anders…‘. Wichtig ist die Leidenschaft, die Begeisterung für Fliesen und deren Farben und Oberflächen auf den Kunden zu übertragen. Der Kauf von Fliesen ist für viele eine Belastung, weil die Auswahl so groß ist. Es ist unsere Aufgabe als Händler, den Verkauf von Fliesen und die Beratung zu einem schönen, positiven Erlebnis für unsere Kunden zu machen.

Vor 8 Jahren fing ich dann an, Gleichgesinnte zu suchen. Menschen, die diese Leidenschaft mit mir teilen. Mit Ihnen gründete ich in den Folgejahren Firmen in Hannover, Frankfurt, Köln und Düsseldorf, immer mit der gleichen Philosophie.

 

 

Was sind die Leitprinzipien Ihres Unternehmens?

Der Kunde, mit seinen Wünschen und Bedürfnissen sind für uns das oberste Gebot. Der jeweilige Trend ist für uns nicht wichtig. Wir machen uns vor jeder Beratung ein Bild des Kündens und des Bauvorhabens, Fragen nach dem Budget, Vorlieben, Farben, Beanspruchung, erst dann fangen wir mit der Beratung an. Wir erarbeiten mit unseren Kunden ein Konzept, in dem auch z.B. das Sanitär, Armaturen, Wandfarben, Fliesen, Holz, Küche, Wohnbereich mit einbezogen werden. Durch diese ganzheitliche Beratung binden wir den Kunden an uns und bauen ein Verhältnis auf.

 

Wie würden sie die wichtigsten Merkmale ihres Showrooms beschreiben? 

Absolute Vielfältigkeit!  Ateliercharakter! Eine Bibliothek des Materials! Wir haben Feinsteinzeug in allen Varianten, Formen und Farben, Handformfliesen, Terracotta, gefräste Oberflächen, Naturstein in seiner absoluten Vielfältigkeit. Wir hören sehr häufig von unseren Kunde‚ wenn ich hier nichts finde, wo dann?

Alles gepaart mit fachlicher Kompetenz. Wir halten nichts davon, das Material, die Fliesen in Schränke zu legen. Die Kunden sollen gleich bei Ihrem Eintreten in die Ausstellung von der Vielfältigkeit begeistert sein.

 

Was sind ihrer Meinung nach die wichtigsten Aspekte des Kundendienstes?

Kompetenz, Ehrlichkeit, Transparenz, Kommunikation, Individualität. Mein damaliger Meister in meiner Lehrzeit zum Fliesenleger sagte immer zu mir‚ Richard, du kannst bei einer Reklamation einen Kunden gewinnen oder verlieren. Es kann immer etwas passieren, wichtig ist, sich sofort zu kümmern und es zu erledigen. Nichts erledigt sich von allein.

 

Welche Arten von Fliesenprodukten führt ihr Unternehmen und wie werden diese in Projekten eingesetzt?

Wir beraten und liefern Material für Wandflächen, Bodenflächen, Möbel, Säulen für alle Flächen, die man mit Fliesen, Mosaik und Naturstein interessanter, pflegeleichter und sicherer machen kann.

Wir führen Feinsteinzeug in seiner gesamten Vielfalt, glasiertes Steinzeug, Wandfliesen (Steingut) Handformfliesen aus aller Welt, glasierte Lava, Terracotta, alte historische Baumaterialien, Manufakturfliesen, Natursteine in allen Formen, Formaten und Oberflächen, Glasmosaiken.

 

Was sind die wichtigsten Keramikfliesentrends in Innenarchitekturprojekten in Deutschland?

Der Trend ist eine Mischung aus Großformaten in Kombination mit interessanten Showflächen im Kleinformat. Die Kunden werden farbenfroher, lieben es mit Formaten und Oberflächen zu spielen. Auch Stilbrüche wie im Wohnbereich halten auch in Bädern Einzug. Dabei ist die Individualität des einzelnen, das persönliche und seine Wünsche im Vordergrund.

 

Wie ist der Zustand des Keramikvertriebssystems in Deutschland und was sind die Hauptprobleme, mit denen sie konfrontiert sind?

Aufgrund des Kostendrucks haben viele Einzelhändler begonnen, Produkte von einer zunehmenden Anzahl von Lieferanten anzubieten. Insbesondere die Großhändler bringen mit niedrigen Preisen viel Unruhe in den Markt. Deshalb setzen wir sehr stark auf Kundenbindung, um selbst mit höheren Preisen uns gegen das Internet und die Großhändler durchzusetzen. Viele Architekten schätzen unsere Kompetenz, Kreativität, Spontanität und sind uns treu.

Ich würde mir wünschen, das es stärkere Kontrollen durch die Fliesenwerke für Internethändler, Großhändler und deren Preise gibt. Wir Händler mit Ausstellungsflächen, geschulten Mitarbeiter, aufwendigen Beratungen, sorgen für die Bemusterung und Entwicklung vieler Projekte. Die Internethändler sind in meinen Augen nur Trittbrettfahrer.

 

Wie ist der aktuelle Stand der deutschen Bauwirtschaft? Wie schlagen sich italienische Fliesen auf diesem Markt?

Bei diesem Thema gehen die Meinungen auseinander. Ja. die Anzahl der Projekte ist zurückgegangen. Wir müssen aber auch zurückblicken, was in den letzten Jahren passiert ist. Deutschland hat einen extremen Bauboom erlebt, der so in dieser Form nicht weiter gehen konnte. Auch Corona hat für Rekord- Umsatzzahlen bei den Fliesenwerken gesorgt, weil viele Eigenheimbesitzer ihr Zuhause umgebaut haben. Die Zinsen sinken langsam und die Bauwirtschaft erholt sich. Wir können bereits einen Aufwärtstrend erkennen.

Italien ist nach wie vor eins der wichtigsten Importländer in Sachen Fliesen und Naturstein für uns. Ich sage immer, die Italiener haben Design im Blut. Erwähnen möchte ich allerdings an dieser Stelle Spanien, das sich meiner Meinung nach immer mehr durchsetzt.

 

Auf welche besonderen Eigenschaften achten sie bei der Beschaffung neuer italienischer Fliesenprodukte und wie unterscheiden sich ihrer Meinung nach italienische Hersteller von ihren Mitbewerbern?

Für uns ist die Oberfläche, die Haptik, die Farben der Fliesen das wichtigste. Sie muß natürlich wirken. Der Preis ist zweitrangig. Fliesen können etwas sinnliches haben, das gilt es zu erkennen. Wir kümmern uns um keinen Trend.

Wichtig sind auch die Vertriebskanäle. Geht der Fliesenhersteller gezielt an bestimmte Händler, um ein Netz aufzubauen oder geht es ihm nur um Umsatz und es werden viele beliefert. Stützpunkthändlerstatus gibt es leider nur noch selten.

Für uns ist Loyalität sehr wichtig, die Unterstützung der Werke bei der Abwicklung der Projekte und der Außendienst, der uns zur Seite steht.

Italien ist für Deutschland eins der wichtigsten Importländer bezüglich Qualität und Emotion. Italien steht für Design, Lebensfreude, Familie, gutes Essen, Sonne. Dieses Lebensgefühl müssen wir in der Beratung auf den Kunden übertragen. Viele Kunden sagen zu uns, sie bekommen jedes Mal gute Laune, wenn sie in das Bad gehen, eins der schönsten Komplimente….

 

Welche italienischen Keramikmarken werden in Ihrem Unternehmen hauptsächlich verkauft?

Jedes italienische Werk ist für uns wichtig. Es ist ein Baustein unserer Philosophie. Auch wenn wir nicht mit jedem hohe Umsätze generieren, trägt jedes einzelne jedoch zu unserem Erfolg bei. Wir brauchen diese Vielfalt an Farben, Formen, Oberflächen, um einen guten Job zu machen.

Ich möchte noch sagen, dass mich die Fliese nun seit 36 Jahren begleitet. Sie ist mein Leben. Es sind in dieser langen Zeit viele Freundschaften in Italien entstanden, zahlreiche Besuche… Diese Freundschaften haben nichts mit Umsatzzahlen zu tun Es geht darum, dass sich Menschen gefunden haben, die die gleiche Leidenschaft und Liebe zur Fliese teilen. Die Fliesenbranche ist wie eine kleine Familie, in der niemand verloren geht.

Cer Magazine International 74 | 10.2024