Technik
Keramikfliesen und ihr Bestimmungsort | von Livio Salvadori
Bei den optischen und kompositorischen Aspekten, die für die Auswahl von Keramik nach dem jeweiligen Einsatzbereich entscheidend sind, lassen sich vier Grundelemente unterscheiden: Format, Farbe, Oberflächenausführung und Dekor.
Das Format (Form und Abmessungen) hat erheblichen Einfluss auf das Erscheinungsbild des Belags und damit auf den Gesamteindruck eines Raums. Je nach Format verändert sich die Dichte des Fugenbilds zwischen den Fliesen. Bei einem kleineren Format ist es engmaschiger und markanter, bei einem größeren Format ist das Fugenbild breiter, die optische Wirkung weniger stark. Durch Eingriffe bei Fugenbreite und Farbe des Fugenmaterials kann das Gewicht bzw. die optische Wirkung des Fugenbilds beeinflusst werden.
Zu den gebräuchlichsten Formaten gehören Quadrat und Rechteck, die in modularen Größen von kleinen Mosaikkacheln bis zu großformatigen Platten (bis 160×320 cm) reichen und ein breites Gestaltungsspektrum mit individuellen Lösungen ermöglichen, das durch die Kombinationsmöglichkeit von Platten in unterschiedlichen Formaten erweitert wird. Neben Quadrat und Rechteck gibt es eine Vielzahl weiterer Formen (Dreieck, Trapez, Sechseck, Achteck usw.) und mittels Wasserstrahltechnik können Fliesenformen nach Maß gefertigt werden.
Hinsichtlich der Farben ist die Palette der mit Keramikglasuren erzielbaren Farbvariationen dank der derzeit verfügbaren Herstellungsverfahren und neuesten Digitaldrucktechnologien praktisch unbegrenzt. Mithilfe entsprechender Pigmente und einer geeigneten Rohstoffzusammensetzung kann jede Art von Farbe, Schattierung, Nuance oder Spezialeffekt kreiert werden. In der gleichen Weise können Farbspiele, Körnungen, Linien, Äderungen, Gewebe und Texturen geschaffen werden, die Materialien wie Erde, Naturstein, Marmor, Granit, Metall, Holz, Beton, Harz und Stoff reproduzieren.
Weitere Möglichkeiten zur gestalterischen Differenzierung bietet das umfangreiche Angebot an Oberflächenvarianten. Es gibt Fliesen mit natürlicher, glänzender und matter Oberfläche und mit rauher und polierter Oberfläche; sie können strukturiert, farblich abgestuft, genoppt, in Antikoptik, mit Metallic-Effekt oder reliefartig sein und verschiedene dreidimensionale Effekte aufweisen.
Auch bei den Dekoren sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Dem Fortschritt bei der Digitaltechnologie ist es zu verdanken, dass jegliche Art von Motiv, Muster, Foto oder vielfarbigem Gewebe reproduziert werden kann.
Einige Dekore sind in jeder einzelnen Fliese stets gleich, so dass eine Komposition aus dem sich wiederholenden Motiv gebildet werden kann. In manchen Serien unterscheiden sich die Dekore voneinander, lassen sich aber zu einem komplexen, großformatigen Muster kombinieren.
Spezialdekore für besonders exklusive Produkte können auch im Drittbrandverfahren hergestellt werden, wobei die bereits glasierte Oberfläche bearbeitet wird.
Keramikfliesen bieten einen enormen Reichtum an Lösungen; zur optimalen Nutzung sollte daher eine sorgfältige Analyse des Kontextes vorgenommen werden. Grundlegende Aspekte bei Innenräumen sind Größe und Ausdehnung der keramischen Beläge, Gebrauch und Zweckbestimmung des Raums, in dem die Fliesen zu verlegen sind, Helligkeitsbedingungen, vorgesehene Einrichtung, Farbe und Farbstruktur sowie das Material, das für die Verkleidung anderer Oberflächen verwendet werden soll. Der keramische Belag soll sich harmonisch in diesen Kontext einfügen und ihn dem persönlichen Geschmack des Verbrauchers entsprechend zur Geltung bringen. Es muss daher ein Gleichgewicht geschaffen werden zwischen der Größe des keramischen Belags und dem Fliesenformat, zwischen Farbton des Belags, Einrichtung und der Helligkeit der Räumlichkeiten usw.
Auch bei Bodenbelägen und Fassadenverkleidungen in Außenbereichen ist die Analyse des urbanen Umfeldes, der angrenzenden Gebäude und der Landschaft (eventuell vorhandene Grünanlagen, Lichteinfall, Sonneneinstrahlung usw.) eine große Hilfe.
Die Entscheidung muss gewissermaßen vom Ende her erfolgen und sich am gesamten Erscheinungsbild des Keramikbelags orientieren, statt an der einzelnen Fliese, d.h. der fertige Belag in der Umgebung, in der er verlegt werden soll, ist das grundlegende Entscheidungskriterium.
Januar 2019