Ein klarer und weitsichtiger Blick

Die österreichische Bernit-The Stone Company wurde 1928 in Bremen gegründet und ist heute im Salzburger Land mit drei Ausstellungshäusern in Salzburg und Wien vertreten
Von Roberta Chionne

Christine Berendt, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Ehemann Jörg Wagner-Berendt leitet, beschreibt ein sympathisches Unternehmen, das sehr auf die ökologische Nachhaltigkeit und die kulturellen und wirtschaftlichen Veränderungen, die sich gerade ereignen, achtet. Dabei bietet die Zusammenarbeit mit der italienischen Industrie wertvolle Anregungen.

 

Christine, erzählen Sie uns die Geschichte Ihres Unternehmens.

Die Bernit-The Stone Company wurde 1928 in Bremen von meinem Urgroßvater, dem Baumeister Ernst Berendt, gegründet, der damals eine Estrichmischung herstellte, die hauptsächlich für Stallböden verwendet wurde. Diese wurde später von meinem Großvater Ewald Berend patentiert, der die Produktion schon vor dem Zweiten Weltkrieg fortführte. Ab den 1960er Jahren begannen mein Vater Albin Berendt und mein Onkel Ewald Berendt mit dem Import von Naturstein und Terrazzoplatten aus Italien. Im Jahr 2008 übernahmen mein Mann Jörg Wagner-Berendt und ich das Unternehmen und leiten es nun gemeinsam mit 50 Mitarbeitern. Wir haben zwei Standbeine im Unternehmen, einerseits den Handel mit Natursteinplatten und Fliesen und andererseits die Produktion von Küchenplatten, Kaminverkleidungen, Waschtischen, Stufenanlagen und Poolumrandungen Seit der Einführung der Großkeramik ist aber auch die Produktion in diesem Segment stetig gewachsen.

 

Was bedeutet Keramik für Ihr Unternehmen?

Der Anteil der Fliesen am Gesamtumsatz beträgt 55%, so dass der Fliesenverkauf eine bedeutende Einnahmequelle darstellt. Durch die Diversifizierung unserer Produktpalette, z.B. durch die Einführung neuer Designs oder technologischer Verbesserungen (Stichwort: Großkeramik), konnten wir unseren Umsatz in den letzten Jahren steigern.

 

Ihre Verkaufsstrategie stützt sich auf drei Showrooms und einen Online Shop

Ja, wir betreiben drei Standorte mit über 1500 m² Verkaufsfläche in den Städten Salzburg und Wien. Darüber hinaus verkaufen wir unsere Naturstein- und Fliesenpflege-/Reinigungsprodukte über unseren Online-Shop www.steinpflege24.at, wo sich der Umsatz in den letzten drei Jahren verfünffacht hat. Als Premium-Händler ist uns eine einheitliche Präsentation sehr wichtig. Deshalb haben wir uns entschieden, alle Ausstellungsräume und den Messestand unseres Unternehmens mit Marrocchi-Möbeln und Präsentationsdisplays auszustatten. Um unseren Online-Käufern diese Art von Erfahrung zu vermitteln, verkaufen wir ausgewählte, hochwertige Keramikprodukte und Badezimmereinrichtungen über den Online-Marktplatz www.freudenreich.world. Diese Kooperation steigert unseren Bekanntheitsgrad bei Fans des hochwertigen Interieurs im deutschsprachigen Raum.

 

 

 

Wer sind Ihre Kunden?

50% unseres Umsatzes erzielen wir mit dem Großhandel von Fliesen und Naturstein. Zu unserem Kundenstamm gehören vor allem Fliesenleger, Steinmetze, aber auch Küchengeschäfte, Designstudios und Architekten. Die zweite Hälfte unseres Umsatzes stammt aus dem Verkauf an Privatkunden, die in Ausstellungsräumen von unseren gut ausgebildeten Fachleuten beraten werden.

 

Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Bauwirtschaft in Österreich?

Die strengen EU-Kreditvergaberichtlinien haben dazu geführt, dass immer weniger Menschen einen Kredit für den Erwerb von Wohneigentum erhalten. Dies betrifft vor allem junge Paare, die zum ersten Mal einen Kauf planen, und Familien mit geringerem Einkommen, für die es nun schwieriger ist, eine Finanzierung zu erhalten. Für Unternehmen, die Keramikfliesen verkaufen, bedeutet dies eine geringere Nachfrage, da potenzielle Kunden den Kauf oder die Renovierung von Immobilien aufschieben oder aufgeben. Der Markt für Wohneigentum zeigt also einen Abwärtstrend, der auch auf andere Faktoren zurückzuführen ist, darunter wirtschaftliche Unsicherheiten und steigende Zinsen. Wir gehen davon aus, dass diese Situation mindestens bis 2025 andauern wird und dass die Keramikunternehmen ihre Strategien an diese Herausforderungen anpassen müssen.

 

 

Wie werden Sie mit dieser Situation umgehen?

In den nächsten 1-2 Jahren werden wir versuchen, uns von innen heraus zu stärken und uns auf die Zukunft vorzubereiten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, passen wir unser Produktportfolio an und investieren in den Bau einer neuen Halle, um unsere Produktion von Küchenarbeitsplatten zu verdoppeln. Obwohl geringere Mengen als früher benötigt werden, hält der Trend zur Renovierungen unvermindert an und die Kunden sind bereit, mehr auszugeben. Wir gehen davon aus, dass der Markt 2025/2026 wieder wachsen wird.

 

Welche Keramikprodukte sind heute in Ihrem Land am beliebtesten?

Seit einigen Jahren ist Nachhaltigkeit oder „gesundes Wohnen“ für unsere Kunden ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von Boden- und Wandbelägen. Unserem Verkaufsteam werden zunehmend Fragen zu Inhaltsstoffen, Produktion, Herkunftsland und Lieferketten gestellt. Dünnere, großformatige Keramikplatten, die bei der Herstellung weniger Energie verbrauchen, werden zunehmend für die Herstellung oder Verkleidung von Küchenarbeitsplatten, Waschbecken, Stufen, Tischen und Möbeln verwendet. Auch von Naturstein inspiriertes Feinsteinzeug ist nach wie vor sehr gefragt, denn dank neuer digitaler Druckverfahren ist der Unterschied zu echtem Stein kaum noch zu erkennen. Fliesen in Holzoptik im Dielenformat sind ebenfalls ein umsatzstarkes Produkt, das wegen mehrerer Vorteile geschätzt wird: Es vermittelt das behagliche Gefühl von Holzböden, ist leicht zu reinigen, lässt sich mit Fußbodenheizungen kombinieren und kann auch in Feuchträumen verwendet werden.

 

 

Warum entscheiden Sie sich für italienische Keramikprodukte?

Die italienische Fliesenindustrie genießt weltweit einen ausgezeichneten Ruf. Neben Tradition und Erfahrung ist sie bekannt für ihre Innovationskraft und den Einsatz modernster Technologie.  Die italienischen Hersteller investieren kontinuierlich in die Forschung, um neue Designs, Materialien und Produktionstechniken zu entwickeln. Unser Fokus liegt auf nachhaltigen Produktionsprozessen, und italienisches Feinsteinzeug wird aus hochwertigen, umweltfreundlichen Materialien hergestellt.

Außerdem ist es für uns sehr wichtig, eine offene Geschäftsbeziehung zu haben, und auf unsere vertrauenswürdigen italienischen Lieferanten können wir uns zu 100 Prozent verlassen. Mit ihnen können wir einen offenen, klaren und regelmäßigen Austausch pflegen und unsere Bedürfnisse und Erwartungen frei kommunizieren. Wir haben ein gemeinsames Ziel: den Kunden mit Qualität zu einem guten Preis voll zufrieden zu stellen. Die Nähe zwischen Österreich und Italien ermöglicht außerdem geringere Transportkosten, Just-in-time-Lieferungen und eine genauere Planung. Indem wir die Lieferwege verkürzen, können wir nicht nur Kosten sparen und effizienter arbeiten, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

 

Wie könnte sich die italienische Industrie weiter verbessern?

Aus Marketingsicht schlagen wir vor, den Wert der Fliese als wertvolles und nachhaltiges Baumaterial hervorzuheben, Kampagnen, insbesondere Content Marketing, für die sozialen Medien zu erstellen (Videos, Influencer und Blogger usw., die den Endkunden kostenlos zur Verfügung gestellt werden), Studien und Trendforschung durchzuführen, wie künstliche Intelligenz die Fliesenbranche beeinflussen wird und wie wir als Händler auf veränderte Marktbedingungen reagieren sollten. Aus der Vertriebsperspektive sind wir der Meinung, dass der Fliesengroßhandel in Österreich gestärkt und verbessert werden sollte. Online-Anbieter schaden dem stabilen Einzelhändler, der hohe Kosten für die Unterhaltung von Personal, Beratung, Ausstellungsräumen und Lagern hat.

 

Hauptsächlich verkaufte Marken:

ABK
Century
Coem
Flaviker
Gazzini
Mirage
Sintesi

Cer Magazine International 70 | 05.2024